Erfahrungsbericht über einseitige Taubheit, die Versorgung mit einem CI auf der ertaubten Seite und das neue beidseitige Hören
Erfahrungen eines Betroffenen
Bis vor ca. 5 Jahren war ich völlig normal hörend auf beiden Ohren. Dann ereilte mich ein Fahrradunfall mit schweren Kopfverletzungen, bei dem die Gehörschnecke rechts zerbrach und ich somit rechts plötzlich gehörlos wurde. Aber, ich hatte Glück, denn der am Schneckenboden verlaufende Hörnerv war noch o.k. und deshalb willigte ich sofort in die von den Ärzten vorgeschlagene CI-OP ein. Allerdings konnte diese erst ein Jahr später erfolgen, weil zuerst die ganzen Kopfverletzungen ausgeheilt sein mussten. Somit war ich ein Jahr lang „einohrig“ unterwegs, konnte Sprachquellen nicht orten, hatte keinerlei Richtungshören und fühlte mich im Alltag ziemlich eingeschränkt.
Operation und Erstanpassung
Die OP verlief problemlos und 4 Wochen danach war dann die Erstanpassung meines CIs. Die Audiologin schickte mich gleich raus auf eine stark befahrene Straße. Dort sollte ich testen, ob mir mit der Einstellung nicht zu viel „Hören“ zugemutet wird. Von Anpassung zu Anpassung schärfte sie dann nach bis wir nach ca. drei Sitzungen die richtige Einstellung hatten. Ich ging regelmäßig zur Logopädie bei mir in der Nähe und absolvierte dort nicht weniger als 70 Sitzungen. Vier Wochen Reha in Bad Nauheim schlossen sich an.
Das neue Hören
Einohrig CI-versorgt zu werden, ist schon ganz speziell, weil man sich mit dem CI-Hören der einen Seite und dem Normal-Hören der anderen Seite erst anfreunden muss. Aber unser menschliches Gehirn ist lernfähig und flexibel. Es gewöhnt sich schnell an die veränderten Bedingungen. Ich habe gleich akzeptiert, dass diese verschiedenen Höreindrücke eben „mein Hören“ sind. Mittlerweile kenne ich nichts Anderes mehr und habe mich längst daran gewöhnt. Richtungshören geht nun wieder. Vorher war es nervig, am Bahnsteig zu stehen – Augen geschlossen – und nicht zu erkennen, ob der Zug von rechts oder von links kommt.
Unter den Blinden ist der Einäugige König
Aber gemäß dem Sprichwort „Unter den Blinden ist der Einäugige König“ genieße ich auch sehr den Vorteil meines guten Ohres. Es gibt nämlich durchaus Situationen, bei denen ich das CI abschalte oder abnehme: Beim Rasenmähen, Schlagbohren oder Laubsaugen. Beim Radfahren habe ich das Glück, einen Helm gefunden zu haben, unter den die CI-Spule passt. Beim Skifahren habe ich allerdings einen ganz eng sitzenden Integralhelm, da nehme ich das CI dann einfach ab. Aber kaum in der Hütte oder im Tal angekommen, bringe ich es wieder an, denn mit CI ist es halt viel angenehmer als ohne, auch wenn ein Ohr noch gut hört.
Abschließend kann ich nur sagen: Auch bei nur einohriger CI-Versorgung, zusammen mit einem normal hörenden Ohr, ist das CI ein großer Gewinn. Ich möchte es nicht mehr missen.
Theo Aldinger, Schwaikheim