Klar, manches verstehe ich nicht. Ich bin ja auch gehörlos. Und anderes ist kaum zu begreifen, obwohl wir alles bestens zu verstehen meinen. Dazu gehören wir CI-Träger.
Taub und trotzdem hören
Das machte mir ein kurzes Gespräch im Aufzug in Teuchelwald mal wieder klar. Eine Frau, die dort zu Gast war, sprach mich auf meine CIs an (die ja so auffallend glitzern). Was das denn sei? Das hätten ja auch andere in der Gruppe? Ich erklärte es ihr – dass hier ein Treffen von Ertaubten / Gehörlosen ist, die alle inzwischen implantiert sind.
„Was hören Sie denn noch, wenn Sie diese Geräte abnehmen?“ – „Nichts, gar nichts. Wir sind ohne diese Geräte völlig gehörlos.“
„Aber Sie verstehen mich doch? Und Sie reden doch alle ganz normal miteinander? Sie wollen mir sagen, dass alle in der Gruppe gehörlos sind?“
Ich habe es noch mal genauer erklärt – und dennoch spürte ich, dass da neben Staunen auch ein bisschen „So ganz kann das unmöglich stimmen“ zurückblieb.
Und eine Stunde später bist du völlig taub
Ein kurzes Erlebnis mit einer Freundin nur wenige Wochen später geht in die gleiche Richtung. Es war an einem Wochenende mit der alten Studien-Clique. Spät in der Nacht zogen wir uns vom Lagerfeuer in unser Zimmer zurück – und ich legte die CIs ab. Am nächsten Morgen sagte sie nachdenklich: „ Da sitzt du gestern mit uns im Halbdunkeln stundenlang am Lagerfeuer und verstehst alles. Und eine Stunde später bist du völlig taub. Obwohl ich dich schon ewig kenne: Irgendwie bleibt das für mich unbegreiflich.“
Ja, das ist kaum zu begreifen. Es ist ein Wunder: „Taub und trotzdem hören“.
Ich bin immer wieder dankbar für dieses unbegreifliche Wunder.
Ulrike Berger
CIVrund 46