Bausteine meines (Hör-)Lebens
Ein Wochenende mit Audiotherapie – und herrlichen Traumreisen zur Entspannung.
Ein Leben mit Hörschädigung, was bedeutet das für mich?
Für meine Partnerschaft, meine Familie, Kolleginnen und Kollegen?
Wo sind meine Baustellen, wer kann mich unterstützen?
Wenn ich ein rundes Leben mit meiner Hörschädigung haben will, muss ich viele bunte Bausteine erkennen und einsetzen.
Referentin:
Eva Strässer, Audiotherapeutin (DSB)
Bericht von Peter Muschalek
Im KVJS-Tagungszentrum in Gültstein fand vom 8.–10. Oktober das Seminar „Bausteine meines (Hör-)Lebens“ statt.
Meine (Hör-)Biografie
Direkt nach dem Abendessen ging es mit unserer Seminarleiterin Eva Sträßer, vielen als Audiotherapeutin in der Klinik in St. Wendel bekannt, richtig in die Vollen. Jeder erzählte seine Hörgeschichte. Und wirklich jede dieser 17 Geschichten war anders. Gemeinsam hatten aber alle Geschichten, dass anfänglich eine mehr oder weniger starke Trauerphase wegen des Verlustes des Gehörs stattgefunden hat. Diese wurde aber von jedem unterschiedlich verarbeitet bzw. wurde noch nicht in der Gänze bewältigt.
Schön war es, wie auch Eva sagte, dass sich alle sofort geöffnet und ohne Scheu hier ihr Innerstes freigegeben haben. Nach doch drei Stunden wurden wir dann erlöst 😉 und trafen uns zum geselligen Beieinandersitzen mit starkem Störlärm, den wir selber durch unsere Einzel- und Kleingruppengespräche auslösten. Also gutes Hörtraining, oder kann man das anders lösen???
Was hat der Kopfschmerz mit dem Ohr zu tun?
Am Samstag gingen wir direkt auf die Auswirkungen des Hörens auf unseren Körper bzw. auch unsere Psyche ein.
Der Körper z. B. nimmt schnell eine verkrampfte und Verspannungen auslösende Haltung ein, wenn wir das Gefühl haben, dass wir uns anstrengen müssen, um ja alles zu verstehen. Das löst nicht nur Verspannungen im Nacken und Kopfschmerzen aus. Auch in den restlichen Körper strahlt die Verspannung aus. Dabei wird auch die Psyche belastet. Habe ich alles gehört? Merkt mein Gegenüber, dass ich nicht alles verstanden habe? Was denkt er/sie über mich?
Auch wurde die Frage gestellt, wenn ich jetzt schon körperlich ausgelaugt bin und meine Psyche am Ende ist, wie soll ich mich jemals wieder erholen? Kann ich meinen Akku wieder aufladen? Oder sinkt die Kapazität derart, dass ich körperliche Schäden erleide oder gar in eine Depression schlittere?
E mit E – oder „Entspannung mit Eva“
Die Liste ist recht lang geworden und frustriert erst einmal. Aber Eva wäre nicht Eva, wenn sie nicht am Ende des Tages uns mit einer progressiven Muskelentspannung und nach dem Abendessen mit einer in St. Wendel berühmt-berüchtigten meditativen Komplettentspannung in den geselligen Teil des Abends entlassen hätte. Wer hier nicht komplett entspannt rausgeht, dem kann nicht geholfen werden.
Übrigens, beim geselligen Beieinander wieder großer Störlärm. Wer hat denn Problem mit dem Hörstress?? 😉
Am Sonntag ging es nach langen Gesprächen über Probleme, negative Erlebnisse und Auswirkungen auf den Körper und die Psyche an die möglichen Lösungen, um den Hörstress zu reduzieren.
Ich bin selbst verantwortlich!
Um den Hörstress zu vermeiden, gibt es Zusatztechnik, die jeder für sich kennen sollte. Wenn nicht, gibt es ja Technikseminare … Neben dieser Technik gibt es auch einfache Sachen, die man beachten kann. Zum Beispiel der Platz in einer Gesprächsrunde. Wo sitze ich am besten, dass ich mich am Gespräch möglichst entspannt beteiligen kann?
Eine andere Strategie ist, die Kommunikation mit Händen bildhaft zu unterstützen, sprich die Gebärdensprache und das Fingeralphabet in die Lautsprache mit einzubinden. Das kann die Kommunikation erleichtern. Wir konnten das sogar im Seminar mitverfolgen wie Janna, die kein Sprachverstehen mit CIs hat, von Eva, Iris und Andrea mit Gebärden unterstützt wurde, um am Seminar teilhaben zu können. (Noch mal Danke an euch drei für eure tatkräftige manuelle Unterstützung!)
Oder wie vermittle ich meinem Gegenüber, was ich benötige, damit ich mit ihm ein für beide Seiten angenehmes Gespräch führen kann? Wir dürfen auch nicht vergessen, dass der Normalhörende nicht immer weiß, was wir benötigen, damit wir ein gutes Hörverstehen haben. Er hat ein solches Handicap nicht.
Die Verantwortlichkeit, dass beide Kommunikationspartner bestens verstehen, liegt nicht nur bei den Normalhörenden, sondern auch beim Hörgeschädigten!!! Zur Kommunikation gehören immer mindestens zwei, wie auch bei der Partnerschaft (hier sollten man es aber bei max. 2 belassen… 😉 )
Ich denke, dass die TeilnehmerInnen an diesem Wochenende jeder für sich was in den anstehenden Alltag mitnehmen konnten. Dafür Danke an Eva, die mit viel Gefühl und Empathie durch den Workshop geführt hat und sich selbst nicht durch die Co-Moderatorin im Hintergrund aus der Ruhe hat bringen lassen … 😉